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Antrag / Anfrage / Rede

Biotechnologiestandort Saarstraße - Sparsame Nutzung von Gewerbeflächen

Anfrage zur Stadtratssitzung am 31.01.2024

Antwort der Verwaltung
Im Koalitionsvertrag der Landesregierung Rheinland-Pfalz heißt es: „Um das Ziel Netto-Null Flächenverbrauch bis 2050 zu erreichen, muss der tägliche 'Verbrauch' (Neuinanspruchnahme) dauerhaft unter 1 Hektar liegen.“ Der Trend geht allerdings in eine andere Richtung: Lag die durchschnittliche Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche von 2014 bis 2017 bei 0,4 Hektar pro Tag, waren es 2017 bis 2020 dann 2,0 und 2018 bis 2021 (aktuelle Wert) 4,3 Hektar. (https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/flaechen-versiegeln-in-rlp-100.html)

Mit der Stellungnahme im Sachstandsbericht zum Antrag 0333/2019 der ÖDP „Sparsame und nachhaltige Flächennutzung in Gewerbegebieten“ erklärt die Stadtverwaltung Mainz „eine nachhaltige Nutzung und einen sparsamen Flächenverbrauch als stetiges Leitthema des Verwaltungshandelns“ bei der Entwicklung und Bewirtschaftung von Gewerbegebieten.

Die städtebaulichen Kennwerte des Siegerentwurfs zum geplanten Biotechnologie-Standorts an der Saarstraße drücken – den klimatisch bedingten Anforderungen geschuldet – genau das Gegenteil einer sparsamen Flächennutzung aus:

ca. 17% der Flächen sollen überbaut werden
ca. 20% der Flächen sind für Erschließung vorgesehen


Wir fragen daher an:

1.    Wie lässt sich der verschwenderische Umgang mit dieser aus vielerlei Gründen sensiblen Kulturlandschaft mit dem verbalen Bestreben der Verwaltung zum sparsamen Flächenverbrauch und der Forderung des §1a, Abs. 2 BauGB - „Mit Grund und Boden soll sparsam umgegangen werden. ...” - vereinbaren?
2.    Lässt sich das offensichtlich ungünstige Verhältnis zwischen Erschließungsflächen und bebauten Flächen wirtschaftlich vertreten?
3.    Der geplante Biotechnologie-Standort soll monofunktional auf das Biotechnologie-Gewerbe ausgerichtet sein. Eine urbane Mischung unterschiedlicher Funktionen wird ausgeschlossen. Dagegen bekannte sich die Verwaltung im o. g. Sachstandsbericht „kompakte und gemischte und ökologisch nachhaltige Siedlungsstrukturen“ anzustreben. Wie soll dieses Nachhaltigkeitsziel dennoch erreicht werden?
4.    Gebot gerechter Abwägung, § 1 Abs. 7 BauGB: Wie begründet die Verwaltung die Abwägung zugunsten des Wunschs nach einem zusammenhängenden Gewerbegebiet, dessen realer Bedarf noch nicht gesichert ist gegenüber den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes, des Klimaschutzes, gegenüber den Festlegungen des Regionalen Raumordnungsplans Rheinhessen Nahe (2022) (Vorranggebiet Grünzäsur, Vorranggebiet Landwirtschaft, Böden mit hohem Ertragspotenzial), des Landschaftsplans 2015 („zentrale Bedeutung für artenreichen Flora und Fauna der Agrarlandschaft, wichtiges Element im Biotopverbund, Böden mit (sehr) hohem Funktionswert“), den bereits festgesetzten Ausgleichs- und CEF- Maßnahmen, die aus anderen Bebauungsplänen resultieren, außerdem der weiteren Reduzierung der Klimafunktion, die sich zu den bereits erfolgten aus B 157, B 158, G 112 aufsummieren?
5.    Das anvisierte Gelände umfasst ca. 50 ha. Der Wettbewerbsentwurf sieht 4 Cluster vor, die jeder für sich autark funktionieren soll. Ausgehend von einem Siedlungsanteil von ca. 40% (einschl. Erschließung und Grünanteil) hätte die geplante Siedlungsfläche pro Cluster eine Größe von ca. 5 ha. Dass Biotechnologie auch außerhalb eines eigens dafür geschaffenen Campus reüssieren kann hat BioNTech erfolgreich bewiesen. Im o. a. Sachstandsbericht bekennt sich die Verwaltung bezgl. Punkt 5 des Antrags, Innenentwicklung in Gewerbegebieten priorisieren. Auf welchen Flächen im Innenbereich wäre eine dezentrale Realisierung einzelner Cluster von ca. 5 ha umsetzbar?


Dr. Claudius Moseler,
Fraktionsvorsitzender

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