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Pressemitteilung

Bebauungsplanentwurf "Martin-Luther-Straße" (O 63)

Einwendung der ÖDP-Stadtratsfraktion Mainz

Ingrid Pannhorst, Mitglied im Bauausschuss und Baupolitische Sprecherin der ÖDP

Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorgenannter Angelegenheit mache ich die folgenden Bedenken gegen den Bebauungsplanentwurfes O 63 geltend:

1.Bebauungsdichte und Umfeld

Das Plangebiet kann nicht isoliert betrachtet werden. Selbst § 34 bezieht sich nicht auf kleinräumig eingegrenzte Bebauungsplangrenzen, sondern auf „im Zusammenhang bebaute Ortsteile“. Das Plangebiet liegt mit seinen Mehrgeschossbauten wie eine Insel in einem Wohngebiet, das weiträumig eine geringe bauliche Dichte aufweist. Ringsum befindet sich fast ausschließlich eine Bebauung mit ein- und zweigeschossigen Wohnhäusern: In direkter Nachbarschaft im Norden (Kreuzschanze) 1-2-geschossige Einzelhäuser mit einer mittleren GRZ von ca. 0,16 und einer GFZ von ca. 0,31. Im Osten (Hechtsheimer Straße) 2-geschossige Doppelhäuser mit einer mittleren GRZ von ca. 0,2 und einer GFZ von ca. 0,4. Im Süden (Martin-Luther-Straße) 2-geschossige Einzel- und Doppelhäuser mit einer mittleren GRZ von ca. 0,25 und einer GFZ von ca. 0,5. Im Westen (Ebersheimer Weg) 2- geschossige Reihenhäuser mit einer GRZ von ca. 0,28 und einer GFZ von ca. 0,56. Die Bebauung im Plangebiet passt sich derzeit mit seiner durchschnittlichen Grundstücksauslastung der Bebauungsdichte dieses gesamten Wohngebietes an. Im B-Planentwurf wurden jedoch Werte teilweise bis zur Obergrenze des nach BauNVO zulässigen Maßes der baulichen Nutzung vorgeschlagen. Diese Werte liegen um ein mehrfaches über denen des Ortsteils. Der Gebietscharakter würde erheblich verändert. Sozialen Spannungen würde durch eine erheblich gesteigerte Wohndichte Vorschub geleistet. Die gebietstypische Baudichte des Umfeldes sollte deshalb den mittleren Wert für GRZ und GFZ nicht überschreiten.

2. Zahl der Vollgeschosse
Die Zahl der zulässigen Vollgeschosse sollte im Übergang zu der 1- bis 2-geschossigen Bauweise in der unmittelbaren Nachbarschaft des Bebauungsplanes abgestaffelt werden. Dies gilt besonders für WA 3 mit einer neu zulässigen Geschosszahl von IV gegenüber der 2- geschossigen Bebauung an der Hechtsheimer Straße.

3. Wegebeziehungen

Es wurde zugesichert, dass bestehende Wegebeziehungen erhalten bleiben. Das Kontaktbedürfnis der seit vielen Jahren benachbarten Mieter sollte respektiert und dem Wunsch, den Durchgang zwischen den Wohnhäusern Nr. 262 und Nr. 263 zu erhalten, sollte daher entsprochen werden.

4. Abstandsflächen
Es sollte gelingen, mit dem B-Plan die Baufehler an der Dumontstraße abzumildern, indem die Abstandsflächen in WA 7 bei einem eventuellen Neubau innerhalb des Grundstücks von Haus Nr. 260 bleiben.

5. Identitätsstiftung
Die Länge der geschlossenen Gebäuderiegel Nr. 260 und Nr. 261, dazu die Masse an Wohnungen, beides verstärkt nach den zulässigen Werten des B-Plans, erschweren den Identitätsbezug zur einzelnen Wohnung. Sie sollten nicht als Beispiel für die im Gebiet künftig tonangebende Bauweise sein. Auch aus diesem Grund sollte die Einzelstellung der Häuser Nr. 262 + 263 sowie in WA 1 - WA 5 vorgesehen erhalten bleiben.

6. Schutz der ansässigen Mieter

Dem Schutz der ansässigen Mieter bzw. dem Erhalt des bestehenden Wohnraums muss mindestens gleiche Bedeutung beigemessen werden wie der Schaffung zusätzlichen Wohnraums und dem wirtschaftlichen Entfaltungsspielraum des Eigentümers. Für die stadtplanerischen Entscheider gilt daher abzuwägen, wie und wie weit das zulässige Maß der baulichen Nutzung ausgeschöpft werden darf, um allen Beteiligten gerecht zu werden. Am Beispiel des Baufeldes für die Häuser Nr. 262 und 263 mit einer angedachten GRZ von 0,3 und einer GFZ von 1,2 bei möglichen 4 Vollgeschossen wäre das nach BauNVO zulässige Maß der baulichen Nutzung in Bezug auf die Geschossfläche vollständig ausgenutzt und innerhalb des vorgegebenen Baufeldes ohne Einschränkung möglich. Es wäre im Vergleich zum Bestand künftig gut das Doppelte an überbaubarer Fläche und nahezu das Dreifache an Geschossfläche realisierbar. Somit wird Abriss und Neubau zweifellos wirtschaftlicher als eine „behutsame Innenentwicklung“ durch Anbau und Aufstockung, welche in der Begründung zum B-Plan als Ziel angegeben wird. Der Schutz nachbarschaftlicher Beziehungen und sozialer Bindungen ist eine der Aufgaben der Stadtentwicklung. Eine „Entmietung“ und Vertreibung der Altmieter wegen Abbruch und Neubau darf nicht Ziel eines B-Plans sein. Durch entsprechende Ausgestaltung der Festlegungen im B-Plan kann einer solchen negativen Entwicklung vorgebeugt werden.

7. Preisgünstiger Wohnraum
Mainz mangelt es an preisgünstigem Wohnraum. Die Wohnungsmieten sind innerhalb der letzten vier Jahre um durchschnittlich 10% angestiegen. Mainz zählt bei den Mieten seit langem zu den zehn teuersten Städten in Deutschland. Das Potenzial preisgünstiger Mietwohnungen ist aber fast nur noch im Wohnungsbestand mit einfachem Ausstattungsstandard zu finden. Hier gilt es – auch im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Mietspiegel – neben Hinzubau von preisgünstigem Wohnraum auch den Bestand an preisgünstigen Wohnraum zu erhalten und nur nach Bedarf zu modernisieren, anstatt diesen durch Abriss und hochpreisigen Neubau zu ersetzen.

8. Preisgebundener Wohnungsbau

Im Vermerk über eingegangene Stellungnahmen der Fachämter heißt es auf S. 9 von 10 unter 6. vom Amt (50) für soziale Leitungen: „Für den Bebauungsplan Martin-Luther-Straße (O 63) solle hinsichtlich einer Vorgabe für den preisgebundenen Wohnungsbau für 25% der neu entstehenden Wohneinheiten eine Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 7 BauGB aufgenommen werden.“ Die Stellungnahme weist diese Forderung u. a. mit der Begründung ab, es seien im Entwurf des B-Planes nur begrenzte bauliche Erweiterungen möglich. „Schätzungsweise könnten durch die Erweiterung von zwei Gebäudezeilen sowie die Verbindung zweier weiterer zehn bis zwölf neu hinzukommende Wohneinheiten realisiert werden.“ Die oben bereits unter 6. ausgeführte Steigerung der Grundstücksausnutzung zeigt, dass im Falle von Abriss und Neubau in beinahe allen Baufeldern ein größerer Zuwachs an Wohneinheiten möglich wäre. Eine Festsetzung eines Anteils für preisgebundenen Wohnungsbau sollte, auch unter dem Gesichtspunkt von Abriss und komplettem Neubau noch einmal geprüft werden.

9. Baumstandorte

Die Baufelder grenzen dicht an die Standorte etlicher kartierter Bäume. Bei einem Neubau lägen diese Baumstandorte innerhalb der Baugrube und fielen damit dem Neubau zum Opfer. Die Baugrenzen sollten daher ausreichende Abstände zu den erhaltenswerten Bäumen einhalten.

10. Anpassung an die Folgen des Klimawandels
Die zunehmende Verdichtung der Stadt wirkt beschleunigend auf den Anstieg der thermisch-mechanischen und bio-klimatischen Belastung von Gebäuden, Infrastruktur und Menschen. Ein einzelner B-Planentwurf mit städtebaulicher Nachverdichtung darf nicht isoliert und ohne seine Wechselwirkung auf den gesamten Stadtkörper betrachtet werden. Er kann nur im Rahmen einer gesamtstädtischen Entwicklungsstrategie in Bezug auf Anpassungsstrategien an die Folgen des Klimawandels erstellt werden.

11.Beteiligung der Anwohner

Das Engagement der Anwohner zeigt eine hohe Bereitschaft zur Teilhabe an einem demokratischen Planungsprozess. Die Ausgestaltung des B-Plans sollte daher im konstruktiven Konsens mit den Bewohnern erfolgen, in dem die Anliegen der Anwohner berücksichtigt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Pannhorst
Baupolitische Sprecherin

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